Markus Brenner

Markus Brenner wurde 1963 in Friedrichshafen geboren, er lebt und arbeitet in Konstanz. Seine Arbeiten sind im öffentlichen Raum sowie in großen institutionellen und privaten Sammlungen zu finden. In seiner Arbeit setzt sich Brenner mit verschiedenen Medien und deren Ausdrucksmöglichkeiten auseinander, darunter Videoinstallationen, Performances, Lichtdesign, Fotografie.

„Ich glaube, dass die Welt nur in ihrer Widersprüchlichkeit begreifbar ist.“
(Markus Brenner)

Schrecklich schön


Der Fotokünstler Markus Brenner hat mit seiner Kamera Szenen in einem Haus festgehalten, das noch Stunden zuvor fürchterlich gebrannt hatte. Ein verstörender und trauriger Moment, der ihn offenbar nicht nur tief bewegt, sondern auch inspiriert hat…
 

M.B. Direkt nach dem Feuer stand ich fassungslos vor dem einstigen Verlagsgebäude und traf dort zufällig auf den Architekten, der in der Brandnacht vor Ort die Rettung für die Fassade eingeleitet hatte.


Meiner Bitte, zum Fotografieren hineinzudürfen, wurde im Zusammenhang mit der Dokumentation für die Versicherung nachgegeben. Im Moment, als ich das Gebäude betrat, begriff ich sofort, welche Gegensätze hier visuell aufeinanderstießen. Dem totalen Verlust standen Szenen gegenüber, die fast schon poetisch waren und an eine Filminszenierung erinnerten. Schrecklich und schön zugleich und so paradox es erscheinen mag, auf eine Art auch faszinierend.

Was erwartet die Besucher?

M.B. Mich haben jene Räume interessiert, in denen das Feuer nicht direkt gewütet hat, in denen die Katastrophe, das Unheil jedoch spürbar war. Das waren die Räume des hier beheimateten Möbelhauses. Wir wissen beim Anblick der Bilder nicht sofort: Ist die Katastrophe, die wir sehen, inszeniert, oder ist sie real? Ausstellungsbesucher sehen nun großformatige Bilder von versehrten Wohnszenen; Möbel, Leuchten, Dekorationsartikel – Grüße einer verlorenen Welt. Die Welt von gestern ist noch da, doch sie ist eben auch schon dahin. 

Hat sich bei Ihnen etwas verändert, während Sie dieses Projekt fotografiert haben? 

M.B. Mich hat der Brand dieses schönen Hauses erschüttert – vielleicht, da derzeit ohnehin so viele Sicherheiten über Bord gehen und die Welt sich neu ausrichtet.

Solch ein Brand ist für alle Betroffenen schrecklich und hat alle Konstanzer bis heute sehr betroffen gemacht. Ich bin selbstverständlich froh, dass hier niemand verletzt wurde, dass alle heil rauskamen. Ich habe bewusst nicht in den privaten Wohnungen fotografiert, sondern ausschließlich in den Räumen des Möbelhauses. Ich möchte mit meinen Arbeiten gern zeigen, dass auch im Schrecklichen etwas Schönes steckt und ein Neuanfang zu ahnen ist.


Ihre Arbeiten wirken fast wie Bühnenbilder…

M.B. Ich habe, wenn man so will, Regie geführt an einem Ort, an dem, wegen der Auflagen der Versicherung, nichts verschoben und arrangiert werden durfte. Ich habe auch kein zusätzliches Licht verwendet. Aber ich habe Perspektiven gefunden, die nach strenger Regie aussehen.

Zudem liegt die Brandasche wie ein Pigment über den Dingen. Sie macht glänzende Oberflächen matt und malerisch, dimmt das Licht. Sie gehört zur Ästhetik und ist daher wichtig, man kann den Brandgeruch förmlich sehen. 

Jörg Hundertpfund

Jahrgang 1960, stammt aus Konstanz, lebt in Berlin und Konstanz. Hundertpfund hat eine Professur für Produktdesign und betreibt ein eigenes Atelier. In diversen Publikationen sowie Ausstellungen beschäftigt er sich mit Fragen, „von denen ich nicht einmal weiß, warum ich sie mir stelle. Sie drehen sich nicht um mich, denn mein Interesse an meiner Person hält sich in Grenzen.“ Vielmehr richten sich seine Fragestellungen konkret auf Objekte der Kunst und alltägliche Gegenstände – wie jetzt auf die Stuhlreihen in „This Is Not the End“.

„Jeder Gegenstand kann wie ein Prisma wirken, in dem sich die Welt bricht und die Sicht auf die Dinge ändern kann.“
(Jörg Hundertpfund)

Den in Konstanz und Berlin lebenden Künstler und Designer Jörg Hundertpfund beschäftigen Stühle.  Er hat eine Professur für Produktdesign und betreibt ein eigenes Atelier. In diversen Publikationen sowie Ausstellungen beschäftigt er sich mit Fragen, "von denen ich nicht einmal weiß, warum ich sie mir stelle“. Sie richten sich auf Objekte der Kunst und alltägliche Gegenstände, wie zum Beispiel Stühle. Für ihn sind sie ein wunderbares und unerschöpfliches Thema…

J.H. …wobei die Bezeichnung „Stuhl“ in dem Fall irreführend ist. Im Fall der gezeigten Objekte dient der Stuhl als Ausgangspunkt für einen Gedanken – wenn man so will, kann statt einer Person eine Idee darauf Platz nehmen.

Warum beschäftigt Sie gerade der Stuhl?

J.H. Nicht ohne Grund ist der Stuhl der Lieblingsgegenstand der Gestalter. Man kann mit der Gestaltung eines Stuhles sehr viel aussagen. Er ist hinreichend einfach strukturiert und verfügt, im Gegensatz zu einem Hocker, über eine Rückenlehne und somit über ein eindeutiges Vorn und Hinten.

Ein Stuhl ist ein Gegenstand mit Tradierung, ein kulturgeschichtlicher Klassiker, mit handwerklicher Prägung. Es braucht nicht viel Fantasie, sich einen Stuhl als ein Lebewesen vorzustellen. Vielleicht als Pferd – auf dem wir allerdings verkehrt herumsitzt.


Welche Ideen sollen sich denn auf Ihre Stühle setzen?



J.H. Einen Stuhl (er)kennt jedes Kind, und in diesem Sinne dient der Stuhl als simple Referenz. Die Idee, die mit den Objekten getroffen werden soll, ergibt sich in Bezug oder aus der Differenz zum Vorbild. Ich möchte einen Möglichkeitsraum entwickeln, bei dem der Gegenstand unterschiedliche Zugänge oder Sichtweisen auf die Dinge ganz allgemein zulässt. Der Stuhl ist also nur exemplarisch zu sehen. 


Es geht Ihnen also um das Thema Veränderung?


J.H. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, sollen meine Arbeiten dazu anregen, zum Beispiel nach einer Katastrophe wie dieser, den Faden des eigenen Lebens wieder aufzunehmen. Und es – vielleicht – sogar noch besser zu machen: nicht in alte Strickmuster verfallen, also einfach alles wieder so aufzubauen, wie es war, sondern dieses Tabularasa auch als Befreiung zu verstehen, die Neues möglich macht.
 


Was machen Sie, wenn Sie keine Stühle um- und zerlegen?



J.H. Alles andere. Im Ernst, es dreht sich bei mir nicht alles um Stühle, auch, wenn der Stuhl als ein besonderes Zeitzeichen verstanden werden kann, betrachtet man ihn vor dem Hintergrund einer Gesellschaft, deren besonderes Merkmal, das der Beschleunigung ist, die, wenn es zum Beispiel um Bewegung und konkret die Bewältigung selbst kurzer Strecken geht, vorzugsweise im Sitzen vollzogen wird. Was dabei, um im Bild zu bleiben, auf der Strecke bleibt sind Alternativen, zum Beispiel die klassischen Techniken des Transfers, bei denen das Reisen im Kopf stattfindet. Diese Reisen können übrigens ebenfalls bequem im Sitzen angetreten werden.

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